Mittwoch, 9. September 2015

Juni

Endlich erlebte ich meinen ersten Erdbeben.

Nachdem ich den ersten, sogar recht starken Erdbeben, irgendwie verpassen konnte, (ich hatte gerade Sportunterricht und bin wahrscheinlich gelaufen, weshalb es mir nicht aufgefallen war dass der Boden bebte) hab ich mich schon ziemlich dumm gefühlt. 100m weiter sind sie unter die Tische gekrochen und hatten Angst dass die Lampen gleich runterfliegen, während ich bis Ende des Tages gar nichts davon wusste.
Meine Gastma schrieb mir eine Nachricht wo ich bin und ob es mir gut ginge. Ich verstand zuerst gar nicht wieso sie so besorgt war. Als sie dann Nachhause kam, meinte sie es gab einen starken Erdbeben.
Ich finde leider keinen anderen Ausdruck, als dass ich mich von ganz Japan verarscht gefühlt habe.

Aber glücklicherweise ließ der nächste nicht lange auf sich warten.
Ca. eine Woche später ging ich mit meinen Gasteltern ins Restaurante essen. Mein Lieblingsrestaurante, da gibt es Pizza :D.
Plötzlich meinte meine Gastma nur: "Earthquake.". Tatsächlich war da ein leichtes Rütteln unter unseren Füßen. Aber auch nicht sehr stark und auch nicht sehr lange. Ich denke kaum einer hatte es im Restaurante überhaupt bemerkt. Ich total begeistert, meinen ersten Erdbeben erlebt zu haben, wir fingen eine Unterhaltung darüber an.
Und plötzlich bebte die Erde nochmal. Dieses Mal schon viel heftiger, die Lampen wackelten und einige schrien erschrocken auf.
Ich hatte nicht wirklich Angst. Viel größer war meine Begeisterung dafür dass etwas total unvorhersehbares und aufregendes gerade passierte. Erdbeben waren in Japan ja normal, weshalb ich nicht gleich damit rechnete, die ganze Hütte würde zusammen fliegen.

Danach war ich innerlich ganz aufgekratzt. "Wow, jetzt ist die Welt verändert.",dachte ich.

Tatsächlich hatte das Erdbeben einige besondere Situationen hervorgerufen.
Ich fands ja schon toll als ich sah, dass im Fitnessstudio neben an, alle von ihren Laufbändern runter mussten. Aber als wir nach Hause fuhren, konnten wir das Auto nicht in der Etagengarage parken, weil das System sich automatisch außer Kraft gesetzt hat. Und als wir dann vor den Fahrstühlen standen, mussten wir feststellen dass es hier genau der selbe Fall war. Also blieb uns nichts anderes übrig, als mit voll gestopftem Magen die Treppen bis ins 17.Stockwerk hochzukämpfen. Endlich oben angekommen, schmiss ich mich auf die Couch vor den Fernseher und lächelte amüsiert über die Menschen in den Nachrichten die im 55.Stockwerk fest saßen. Oder auch im Skytree. Gestorben ist aber keiner ;)



Am nächsten Tag wollte mir Svenja Tokios Koreatown zeigen. Shinokubo heißt der Stadtteil und es war wirklich ziemlich cool. Wir gingen aus der Station und sofort fiel mir ein Shop mit großer "CALL ME BABY" Aufschrift auf. Das ist ein Insider für alle Kpop (koreanischer Pop) Fans.
Wir gingen weiter die Hauptstraße entlang, und so wirklich jeder Laden war koreanisch bestückt. Auch sehr beliebt sind ja deren Beautyprodukte. Die anderen 90% bestanden aus Kpop.


Eigentlich wollten wir zuerst Essen, aber die Shops waren einfach zu verlockend und am Ende hatten wir schon einige Tüten gesammelt bevor wir einen Imbiss betraten. Ich aß solche Nudeln in Suppe, das war echt scharf. Zwischen dem koreanischen und japanischen Essen besteht doch noch ein ziemlicher Unterschied.

Zum Thema Kpop gab es alles was sich das Fanherz erträumen konnte.
Buttons, Poster, signierte Alben, alle je stattgefundenen Shows, Auftritte, Konzerte, Conteste, selbst erstellte Videos auf einzelnen Stars basierend, Kdramen das ABC runtergerattert, Puppen, Taschen, Bekleidung, Schulzeugs, Schmuck, Handyhüllen, Anhänger, Kissen, eingerahmte Bilder, Zeitschriften, Namensstecker auf Hangul (koreanische Schrift) oder Romanisiert, ja sogar Handcreme von den Teen Top Membern habe ich gesehen. Man konnte sich ein Leben in Fanartikeln erstellen.

Gott sei Dank bin ich inzwischen von meinem verrückten Fangirl- Dasein runtergekommen und konnte mein Portmonee unter Kontrolle behalten.
Svenja dagegen nutzte ihr Umfeld bis zum Geht-nicht-mehr aus (welches war als sie nichts mehr tragen konnte und die Tüten zu platzen drohten, ungelogen), und legte locker
mal insgesamt über 400 Euro an diesem Tag auf den Tisch. Jetzt fällt es mir schon schwer, nicht von allen Bayern zu erwarten dass sie Geld haben. Es war echt krass.


Dafür war ich umso zufriedener mit meinem kleineren Einkauf, der auch aus nutzbarem Bestand. Ich gebe mein Geld lieber in Harajuku aus. Hehehe.

Ziemlich cool war auch, dass ich meine koreanischen Sprachkenntnisse einsetzten konnte und für Svenja die in Hangul geschriebenen Namensstecker übersetze.
Aber an sich ist Hangul wirklich keine große Sache. Was auf den ersten Blick wie jede andere asiatische, komplizierte Schrift aussieht (womit wohl Kanji gemeint ist und nur in China und Japan verwendet wird), ist beim genauer mit Beschäftigen eigentlich sehr einfach.

Dagegen ist es ziemlich deprimierend, wenn man Japanisch auch nach einem Jahr noch nicht richtig lesen kann. Grund dafür sind die erwähnten ca. 3000 gebräuchlichen Kanjis.




An einem frühen Sonntagmorgen wollten wir Warabi etwas Gutes tun. Es war City Cleaning angesagt und viele aus unserem Hochhaus holfen mit.
Der eigentliche Grund war, dass ein Mann aus dem Haus meinte, er wolle mich nach dem Cleaning dem Bürgermeister vorstellen. Er wollte sich für die gute Arbeit in Warabis Straßen bedanken.

Ich wusste erstmal gar nicht was ich anziehen sollte. Erst hockt man vielleicht auf dem Boden rum und kratzt alte Kaugummis vom Gehweg und danach tritt man dem Bürgermeister gegenüber.
Im Endeffekt verpassten wir ihn aber leider. Anscheinend hatte der Bürgermeister es eilig gehabt und war nur sehr kurzzeitig da.
Trotzdem war das Gefühl als man wieder Zuhause ankam gut, denn man hatte etwas Gutes getan und noch den ganzen freien Tag vor sich.



In der Schule hatte ich die Gelegenheit, neue Leute kennen zu lernen und Freundschaften zu schließen. Die Austauschschüler wurden nämlich beauftragt, mit jeder Klasse der Erstklässler zusammen Lunch zu essen.

Eigentlich hatte ich gar keinen Bock darauf. Schon aus Prinzip weil wir es machen SOLLTEN. Für Svenja und die chinesische Austauschschülerin schien es aber noch mieser zu sein, denn wenige von den Jüngeren trauten sich die Senpai anzusprechen.
Finde ich schon doof, kann man gar keine älteren Freunde haben, einfach weil sie älter sind. In Deutschland bin ich sehr glücklich darüber, auch jüngere oder ältere Freunde zu haben. Im Endeffekt ist da kein Unterschied und man kann immer noch was dazu lernen. Finde ich also sehr traurig an diesem Senpaiprinzip.

Wie auch immer, wurde ich deswegen immer als erste begrüßt und an einen Tisch in der Gruppe gebeten.
Darüber war ich echt immer sehr froh, denn dann konnte man anfangen gemütliche Unterhaltungen zu führen. Diese waren leider öfters noch mit viel Englisch bestückt.
Aber nicht meinerseits! Es fällt den Japanern wohl schwer, zu glauben dass ich ein wenig japanisch verstehen könnte, und andererseits wollen sie unbedingt ihr Englisch auf die Probe stellen. Aber reden sie Englisch mit mir, komme ich mir immer wie ein Ausländer vor, der ich ja auch bin, aber eben ein Ausländer der komplett anders ist und zu dem man höhere Mittel einsetzen muss um Kommunizieren zu können.
So kann man keine richtigen Freundschaften aufbauen, ich möchte gleichgesetzt werden.

Wie auch immer hat es, ist eine Unterhaltung zustande gekommen, immer sehr Spaß gemacht.

Am meisten überrascht war ich gleich bei der ersten Klasse.
Ich hatte den Klassenraum an diesem Tag kein einziges Mal betreten. Bevor ich nämlich überhaupt in den Raum starten konnte, kam mir schon eine Gruppe von JUNGS entgegen, und meinte doch ich solle mit ihnen zusammen essen.
Ja, da war ich schon ziemlich baff und geschmeichelt, aber unwohl habe ich mich auch gefühlt. Denn die Mädchen im Klassenraum starrten mich durch die Fenster an und ich wusste, es ist nicht normal in Japan etwas mit Jungs zu machen.

Also versuchte ich sie nach draußen zu winken, damit wir so eine gemischte Geschlechterrunde machen konnten, ich wollte ja nicht gleich unsympatisch rüber kommen.
Sie zögerten lachend, blieben dann aber doch drinnen.
Nur zwei Mädchen trauten sich noch in meine Gegenwart, aber sie saßen mehr abseits und nicht mit im Halbkreis, weshalb es für mich schwer war, sie in die Unterhaltung mit einzubauen.

Aber mit den Jungs konnte man sich echt ganz gut unterhalten (zumindest mit zweien von ihnen).
Ich fand heraus, dass einer Justin Bieber Fan ist.
Verdutzt starrte ich ihn an, aber keiner im Kreis fand das irgendwie komisch zu finden.

Insgesamt habe ich gelernt, dass viele männliche Japaner amerikanische, weibliche Sängerinnen gut finden. Das finde ich echt überraschend und irgendwie auch sehr amüsierend.

Am Ende war ich dann doch wieder froh, mit meiner eigenen Klasse zusammen essen zu können. Immerhin ist es vorerst wirklich wichtiger, dass ich es schaffe mich dort mit ein zu integrieren. Wenn der Austauschschülerhype nämlich erstmal vorüber ist, wird es erst schwer die richtigen Freunde zu finden.


Weil dann der Sommer kam, fingen auch die ersten Schwimmstunden an.

So ziemlich jede japanische Highschool hat dafür einen eigenen Pool.
In Japan scheint das kein Problem zu sein, in Deutschland dagegen stelle ich mir gleich ein Haufen Schüler vor, die beschließen um 0:00 Uhr eine Poolparty zu veranstalten.
Wer kann es ihnen übel nehmen, ein Pool an der eigenen Schule wäre einfach mal mega. Aber mit den Deutschen leider nicht zu vereinbaren.

Wie auch immer, offenbarte mir Svenja, dass es Austauschschülern nicht erlaubt war mit zu schwimmen. Das ist eine Festmachung der Schule.

Ich habe mich erst darüber gefreut. Nie war ich ein Fan von Schwimmen. Man muss halbnackt im kalten Wasser rumstrampeln. Ich dagegen, sah gemütliches am Pool sitzen und in der Sonne bräunen vor mir, während ich die anderen seelenruhig beobachten konnte. Tja, die Vorstellung war leider ein wenig in die falsche Richtung geraten.

Die ersten Male war es ja noch ganz okay, es war wolkig und kalt und man hat die armen Wassergänger nur bemitleiden können.
Ich war nie die einzige am Poolrand. Mit mir saßen immer noch ca. 15 weitere Mädels rum, die aus Mädchengründen nicht mitschwimmen können (im Sportunterricht werden 3 Klassen zusammen geschmissen, also ca. 120 Schüler von 3 Lehrern unterrichtet). Und so hatte ich immer Leute zum erzählen.

Aber dann wurde es heiß. Man will einfach nur noch unter dem schattigen Zeltchen hocken und ,zumindest in meinem Falle, den Kopf auf die Knie fallen lassen und die Augen schließen. Das einzige was du denken kannst, ist "HEIß" (bzw das auf japanisch) und die Hitze macht dich energielos, lustlos, erdrückt dich einfach nur.
Sommer in Japan ist auch nicht vergleichbar mit Deutschland. Es sind 30C° und die Luftfeuchtigkeit beträgt einfach mal 80%. Dadurch fühlt es sich nochmal 4° wärmer an.

Und da hockt man dann in der Hitze auf dem harten Boden, direkt vor einem erfrischendem Swimmingpool. 3x die Woche für 50 Minuten. Einfach weil Schwimmen gefährlich ist, besonders für Austauschschüler.


Irgendwann entführte mich meine Gastma in einen Park. Aber diesmal war der Park etwas anders als die vorherigen. Die Kyu-Furukawa Gardens besteht aus einem Western-Style Garten und einem traditionellen, japanischen Garten.

Den Wester-Style Garten machte eine klassische Residenz aus schwarzem Stein und weißen Fenstern aus. Das Gebäude sah echt sehr beeindruckend aus, und von innen war es genau so imposant. Große, offene Räume mit viel Sonnenlicht durchschienen und ein Hauch von Alt. Es wirkte tatsächlich sehr amerikanisch.
Wir durften aber nur rein, weil wir etwas von der Speisekarte bestellt hatten. Fotos durfte man leider keine machen, deswegen war ich gezwungen die erhältlichen 3 Postkarten zu kaufen.



Vor dem Gebäude schmückten bunte Rosen aus aller Welt den Garten.
Die Namen waren sehr interessant, sie gestalteten die Blumen irgendwie geheimnisvoller. Viele wurden auch aus Deutschland importiert, und bei genauerem Hinsehen erkannte ich tatsächlich etwas Heimatliches an ihnen.
Leider war die Saison fast zu ende, weshalb einige Sträucher schon leer waren, und die Rosen nicht mehr so prächtig.


Im japanischen Garten stand im Fokus ein großer Teich um den man eine Runde drehen konnte. Am liebsten wollte ich aus jedem neuen Winkel ein Foto schießen. Der Weg war nicht eintönig oder allzu lang, deswegen genoss ich diesen Garten besonders.





Außerdem traf ich auch einen Deutschen.
Na gut, treffen ist vielleicht etwas übertrieben, ich habe nämlich kein einziges Wort mit ihm gesprochen. Aber als wir in dem Gebäude saßen und gemütlich unseren Kuchen aßen, hörte ich, wie am Nachbartisch Englisch gesprochen wurde. Was mir auffiel, war aber das vertraute Englisch welches ich wahrnahm.
Kein Akzent, Dialekt oder schnelles Brabbeln, es war ein Englisch welches ich nur zu gut kannte und immer am besten Verstand. Für mich war eindeutig dass er aus Deutschland kommt.
Plötzlich fragte er dann auch noch die Japaner an seinem Tisch, ob sie denn Rammstein kennen würden. Ich lächelte in mich hinein.

Wie bereits erwähnt, outete ich mich aber nicht als seinesgleichen.
Zum einen hätte ich ja dann ein Gespräch mit ihm angefangen (vielleicht sogar auf Deutsch) und damit wäre der Rest Japaner irgendwie ausgeschlossen geblieben.
Und zum anderen rede ich in meinem Austausch generell nicht so gerne mit Ausländern.
Ich möchte nicht, dass wir Ausländer uns so abgrenzen von den Japanern. Ausländer in Japan sind immer was besonderes, und deswegen sollten wir uns selbst nicht noch besonderer machen, als wir sind. In Deutschland würde ich ja auch nicht jeden gleich ansprechen. Oder ein Asiate einen Asiaten weil er eben Asiate ist.
 In Japan will ich eben mehr japanisch wirken, anstatt Ausländer oder Tourist.



Das ist aber leider nicht so leicht in Japan. Austauschschüler sind wohl so eine Sensation, als nächstes wollten Schüler ein Interview für die Schülerzeitung mit mir machen.
Ziemlich cool war es ja schon.
Sie machten zuerst ein paar Fotos und fingen dann an, mir Fragen zu stellen. Sie konnten etwas Englisch, dass machte die Sache wesentlich einfacher.
Ein Monat später kam die Schülerzeitung raus. Zwischen neuen Lehrern, großen Cluberfolgen bei Wettkämpfen und Universitätsbeiträgen war dann tatsächlich ein (zum Glück gut getroffenes) Bild von mir mit dem gesamten Interview.
Mein Gastvater half mir später beim Übersetzen. Dabei mussten wir leider feststellen, dass einige Missverständnisse beim Interview aufgekommen sind und ich plötzlich nur nach Japan gekommen sei, um in Harajuku shoppen gehen zu können xD Naja was solls.



Svenja und die chinesische Austauschschülerin schrieben während der Zeit an Reden für den Speech Contest.
Ich hörte die Rede von der Chinesin zuvor und verstand wirklich kein Wort. Aber sie hatte es super herüber gebracht und es schien sehr humorvoll zu sein, ich wünschte ich hätte sie besser verstanden.

Svenjas Rede war über das deutsche Schulsystem. Sie trat aber nur als Gastredner auf.

Zwei Tage davor, wurde mir plötzlich offenbart, dass ich auch mit zum Speech contest gehen sollte. Natürlich mit keiner Rede. Nur zum Zugucken. Das fand ich ziemlich cool. Ich liebe es, wenn ich mal nicht selber aufgeregt sein muss sondern mich von dem Eifer der anderen Unterhalten lassen kann. Außerdem hatte ich dadurch ja auch keine Schule bzw. Club.

Der Speech contest war in einem relativ kleinem Rahmen gehalten wurden.
Es gab ca. 6 japanische Reden von Austauschschülern und einfach zu viele englische Reden von japanischen Highschool Schülern. Wir lernten also viele neue Leute kennen. Einer kam aus Österreich, sprach also auch Deutsch, eine andere aus Amerika und noch wer aus Belgien. Sie stellten uns dann ihre japanischen Freunde vor, und somit wurde es ein buntes Sprachengewirr. Ich versuchte dabei tapfer in meinem miserablen japanisch Freunde zu finden.

Zurück zu den Reden.
Die japanischen waren glaube alle nicht sooo gut, aber wer will das schon von Schülern erwarten, die die Sprache seid gerade mal einem Jahr kenne?
Mit Ausnahme von unserer Chinesin. In China hatte sie auch schon 4 Jahre Japanischunterricht gehabt, in Japan feilte sie es zum Perfekten aus. Als sie ihre Rede hielt, hörte ich zwei ältere Damen vor mir wundern:"Eeeh?? Japanerin?". Schließlich gewann sie die japanischen Reden auch.

Die englischen Reden waren alle ziemlich gut, aber auswendig lernen kann ja jeder. Bei dieser Konkurrenz ging es nicht mehr darum, seine Rede fehlerfrei und sprachlich gut vorzutragen, nein man musste zum Schauspieler werden und die Zuschauer mitreißen wie Leonardo Dicaprio.
Einige haben das echt übertrieben, man dachte sie fangen gleich an auf der Bühne loszuheulen.
Aber die allerletzte Rednerin übertraf sie wirklich alle.
Irgendwie hatten alle das Thema Rassismus, Gleichheit, Gerechtigkeit, Verantwortung übernehmen und solch gutmütiges Zeug. Ich fragte mich, ob ihre Geschichten wirklich wahr waren, und sie tatsächlich so begeistert von dem waren, was sie uns näher bringen wollten.
Die letzte Schülerin hatte auch so ein Thema, aber ihr Auftreten war einfach so natürlich und sympatisch, man hing an ihren Lippen und glaubte ihr, was sie sagte.

Am Ende wurde die Auswertung von Native speakern übernommen, mit ihren Platzierungen war ich vollkommen zufrieden.

Danach wollten wir noch etwas mit den neuen Bekanntschaften unternehmen. Wir gingen in einen Manga- und Animeshop.
Da gab es wirklich alles für einen Freak auf zwei Etagen verteilt. Mich begeistert das eigentlich nicht so, aber interessant war es auf jeden Fall.
Als endlich wieder alle vor dem Shop versammelt waren, war es plötzlich auch schon ziemlich spät und ich wollte lieber schon Nachhause gehen mit der Chinesin. Ich komme immer gerne Zuhause an.

Leider gingen all die anderen Austauschschüler auch schon bald zurück in ihre Länder, deswegen "nutzte" mir ihre Bekanntschaft wenig (natürlich war es super sie kennengelernt zu haben, aber auf längere Zeit konnte ich eben nichts mit ihnen unternehmen).



Am nächsten Tag hatte unsere japanese Songs Lehrerin die 3 Austauschschüler zu einem Sobaessen eingeladen. Der Anlass war, das Svenja und auch die Chinesin uns bald verlassen würden.

Der Unterricht mit ihr war eigentlich immer ganz cool.
Wir waren nur 3 Schüler und meistens redeten wir auch viel um unser japanisch zu trainieren. Außerdem lernte ich viele bekannte japanische Lieder und meine Mitschüler freuten sich immer wenn ich einen neuen Ohrwurm vor mir her sang. Wir 3 sangen nicht besonders gut, teilweise waren die Lieder ziemlich hoch und es hat sich einfach nur schrecklich angehört. Aber spaßig war es auf jeden Fall.

Zurück zu dem Essen.
Mit dem Auto fuhr sie uns zu einem Sobarestaurante in der Nähe ihres Hauses.

Soba sind dünne graue Nudeln die man in ne Flüssigkeit taucht (glaube Soja??) und dann isst. Dazu werden meist noch Beilagen wie Tempura (frittiertes Gemüse, Fisch) geliefert.
Der Ehemann unserer Lehrerin leistete uns auch noch Gesellschaft, und abgesehen davon dass es echt nicht leicht war die ganze Zeit auf dem Boden zu hocken ohne dass die Beine einschlafen, war es ganz unterhaltsam (insofern ich die Unterhaltung verstanden habe).

Danach gingen alle zu ihr Nachhause.
Wir schauten uns einige Ausschnitte aus einer japanischen Hänsel und Gretel Oper an und bekamen Kuchen.
Schließlich setzte sie sich an ihren imposanten Flügel und wir sangen ein paar Liedchen. Nebenbei unterhielten wir uns über Musicals oder Opern die wir schon gesehen hatten, und Lieder die wir toll finden. Allerdings ging dass den ganzen Nachmittag lang, ab und zu war es dann doch schon mal langweilig.

Auf der Rückfahrt hörten wir internationale Weihnachtslieder und andere klassische Musik. Svenja gefiel solche Musik gar nicht. Ich aber fand es mal wieder ganz schön, es erinnerte mich an Deutschland.



Die Woche darauf hatte ich meine erste Area Orientation. Dort sammelten sich die Austauschschüler von YFU aus dem näheren Gebiet und tauschten Erfahrungen, Eindrücke oder auch Probleme miteinander aus.

Aus meinem Gebiet kamen zwei andere Austauschschüler.
Tobias der Däne, und noch eine andere Deutsche von der ich bisher keine Ahnung hatte, dass sie in meiner Nähe wohnte.
Wir hatten auch den coolsten aller coolsten Returnees (Japaner die auch ein Austauschjahr gemacht haben) dabei. Er war vor einiger Zeit ein Jahr in Deutschland und sein Deutsch war einfach mal perfekt. Ich merkte da überhaupt keinen Akzent, allerdings war er auch halb deutsch was das Lernen der Sprache natürlich etwas vereinfacht hatte.
Wie auch immer musste ich mich dadurch nicht mit meinem Englisch rum kämpfen sondern konnte gemütlich auf Deutsch erzählen.
Die Gastschwester von der anderen Deutschen, ihr Name ist Adelheid, war ebenfalls gekommen. Sie verbrachte ab dem Sommer ein Austauschjahr in Deutschland. Sie nahm schon jetzt Deutschunterricht, und dass was sie schon sagen konnte, klang absolut süß.
Außerdem war auch noch ein Mädchen dabei, welches ihr Austauschjahr in Amerika verbracht hatte. Somit hatten wir ein schönes Sprachengewirr.
Tobias versuchte sich zwischen durch auch mal in seinem Deutsch.

Anschließend gingen wir noch alle zusammen Okonomiyaki essen.
Das war für mich das erste Mal und ich fand es echt super. Zuerst sucht man sich die Zutaten (verschiedenes Fleisch, Salat, Nudeln, Gemüse etc.) aus der Speisekarte aus. Diese werde dann in einer Schüssel unzubereitet auf den Tisch gestellt und man kann es sich das Essen selber machen.
In der Gruppe ist das echt lustig und man macht etwas mehr zusammen als nur getrennt sein Essen zu essen. Zuerst vermischt man also die Zutaten in der Schüssel, dann klatscht man es auf die heiße Platte in der Mitte des Tisches und brät es wie man will. Danach macht man noch Käse, ein Ei oder Mayo drauf und fertig ist es.

Der Nachteil ist, dass man immer nur eins zubereiten kann und man dieses dann noch teilen muss. Angesichts meines Bärenhungers war ich deswegen etwas ungeduldig.

Aber am Ende waren alle satt und als ich Zuhause an kam, war ich etwas deprimiert von meinem Japanisch und darum hoch motiviert mehr zu tun, mehr zu sprechen, mich einfach mehr in die Sache rein zu hängen.
Außerdem wollte ich meinen Kontakt nach Deutschland stark verringern.
Mit einigen Kontakten hat das ganz gut geklappt.
Inzwischen mache ich ca. alle 3 Wochen mit meiner Mum oder meiner Schwester einen Videoanruf. Meistens auch weil ich wieder Geld brauche xD.
Mit anderen dagegen war es etwas schwieriger.
Natürlich bin ich mega froh, dass noch so viele Leute in Deutschland an mich denken. Das zeigt mir wer meine wahren Freunde sind und wer sich auch wirklich für mich interessiert.
Auf der anderen Seite sagt man uns in Japan indirekt: "Lasst das andere Leben hinter euch! Sonst werdet ihr nie richtig in die neue Kultur eintauchen können und immer zur einen Hälfte ganz wo anders sein. Das nimmt auch Auswirkungen auf den Sprachprozess!." Das alles verstehe ich vollkommen, aber man kann eben sein anderes Leben nicht einfach so in den Mülleimer schmeißen.

Vielleicht ist es falsch, aber ich denke auch an mein Leben nach dem Austauschjahr und in dem will ich nichts von dem Alten verloren haben. Eigentlich war ich nämlich richtig glücklich. Jetzt kann ich auch glücklich sein, und in der Zukunft will ich das auch sein.



Das Highlight des Monats war wohl aber der Trip nach Kamakura mit meinen Gasteltern.
Sie hatten mir schon atemberaubende Bilder gezeigt und trotz dem stetigen Regen war es sehr schön.

Kamakura liegt südlich von Tokyo am Meer und war mal der alte Hauptsitz Japans. Zu dieser Zeit gingen viele Leute dorthin, um die große Anzahl an "Ajisai" zu betrachten. Ajisai ist eine Blume, ihr lateinischer Name ist Hydrangea, in Deutschland sagt man Hortensien.

Wir gingen zuerst zu einem Abschnitt wo einige Tempel und traditionelle Bauten waren.
Ich genoss die Atmosphäre sehr, so stellte man sich das traditionelle Japan vor. Ordentlich gepflegte Gärten und ruhige Natur.



Die Ajisai verschönerten den Weg um einiges. In allen Farben und Größen waren sie vertreten. Wir sahen auch ein paar Künstler auf den Stufen sitzen. Am liebsten hätte ich so ein Wasserfarbenbild gekauft, aber ich glaube die Bilder waren leider nicht käuflich.





Danach gingen wir einen langen Weg zu einem Park, der hauptsächlich auf Blumen wie Ajisai ausgerichtet war.
Aber schon der Weg dorthin hatte ein wunderbares Feeling. Jedes Haus war schöner als das nächste und dazwischen drängten sich enge Gärtnergassen. Wir bewunderten auch schon die ersten prächtigen Ajisai, doch der Park übertraf diese dann um einiges.


In allen Farben waren sie dort vertreten, und das in Massen. Man sah auch andere Blumen wie z.b. ein paar Rosen oder die japanische Nationalblume, lilane Schwertlilien.

Der Park war wohl sehr buddhistisch geprägt. In der Broschüre las ich, er wurde von einem Mann erbaut, der die Seele von seinem im Kampf verstorbenem Vater damit zurück holen wollte. Später wurde dann noch ein buddhistischer Tempel errichtet.





Nachdem wir dort auch viele Fotos geschossen hatten, ging es weiter zum Meer.
Dort wollten wir in einem italienischen Lieblingsrestaurante meiner Gasteltern zu Mittag essen. Man hatte von unserem Tisch aus einen super Ausblick auf das Meer mit seinen Surfern und Bötchen. Das war auch ganz gut so, wir mussten nämlich ziiiiiemlich lange auf unser Essen warten.
Es war dann aber doch ziemlich lecker und künstlerisch hergerichtet worden.

Leider konnten wir danach nichts mehr unternehmen, weil es für die anderen Attraktionen schon zu spät geworden war. Aber die Beine waren so oder so schon schwer.



Bald darauf wurde es Zeit, sich von Svenja zu verabschieden.
Ich hatte ihr ein leeres Fotoalbum und eine Karte zur Erinnerung geschenkt an ihrem letzten Schultag.
Sie kam aber nochmals ein paar Tage später zur Schule, gemeinsam mit ihren aus Deutschland gekommenen Eltern.

Es war ziemlich komisch als ich auf ihre Eltern traf. Ich hatte tatsächlich ganz vergessen, wie man zu deutschen Erwachsenen sprach.
In Japan ist das ja einfach, zu jedem Älteren eben das Höchstmaß an Höflichkeit hervorbringen, aber in Deutschland war das irgendwie anders. Ich kam nicht mal auf die Idee Hände zu schütteln. Das war echt komisch und für mich etwas beängstigend.

Svenja hatte gefragt ob sie am letzten Tag aufs Dach der Schule gehen darf, und weil dass eben schon echt ein Luxus ist habe ich mich gleich zusammen mit ihrer Klasse hinauf geschlichen. So große freie Flächen kriegt man in meiner Wohngegend doch eher selten zu sehen. Daher war es sehr schön und man hat sich etwas freier gefühlt.

An sich viel mir der Abschied von ihr dann doch leichter als gedacht. Auch jetzt fehlt mir ihre Anwesenheit nicht so sehr. Wenn ich bei Svenja war, hat sie mir immer meine Fehler vor die Nase gehalten, aber die Fehler sind eben normal und manche muss man auch machen um zu lernen. Deswegen habe ich mich danach irgendwie sicherer und freier gefühlt.



Zu allerletzt unternahm ich einen Ausflug mit meiner Gastma in den Ueno  Zoo.
Eigentlich wollten wir in ein Aquarium gehen, aber das hatte leider zu. Ich glaube im Endeffekt fand ich den Zoo so oder so besser.


Zum ersten Mal sah ich einen echten Pandabären! Um genau zu sein sogar 2. Sie waren schon richtig knuddelig wie sie da saßen und ihr Bambus knabberten.
Sehr interessant fand ich aber auch die Seelöwen und Robben.

Die Seelöwen weil man durch das Glas unter Wasser gucken konnte und der eine Seelöwe immer direkt an der Glasscheibe entlang geschwommen ist. Es schien als hätte sie mit dem Seelöwen auf dem Stein kommuniziert und sich sorgen gemacht.



Das Becken der Robben war auch einfach super gestaltet. Die Besucher konnten so zu sagen direkt durch ihr Becken gehen und sie durch das Glas beobachten. Über dem Gang war eine Glasröhre wodurch die Robben zur anderen Seite schwimmen konnten. Das Tier schwebte also direkt über einem und es sah so schön aus wie sie durch die Röhre gleiteten.

Im Allgemeinen muss ich aber sagen dass mir die Tiere nicht sehr zufrieden vor kamen. Die Gehege waren teilweise sehr klein, dreckig und nicht an ihre gewöhnliche Umgebung angepasst. In diesem Punkt sind die deutschen Zoos auf jeden Fall tiergerechter eingerichtet.


Ein wichtiger Faktor der den Juni auch prägte, war der ständige Regen. Diese Saison wird Tsuyu genannt.

So viel geographische Fakten will ich darüber gar nicht aufzählen.
Mir hat der Regen tatsächlich etwas gefallen. Er kam sehr erfrischend und wenn es zu stark regnete und die Klassen nicht schwimmen sollten haben wir in der Halle Basketball gespielt.
Außerdem liebe ich es im Regen joggen zu gehen, aber auch den Regen auf meinen Regenschirm platschen zu hören (PS: In Deutschland war ich ein absoluter Anti- Regenschirmbenutzer, aber in Japan wäre es ohne Schirm fast schon peinlich im Regen zu laufen).

Zum ersten Mal sah ich von meinem Apartment aus auch rote Blitze in der Nachbarprovinz. Zuerst dachte ich die machen da irgendwelche chemischen falschen Dinge, denn rote Blitze sehen total gefährlich und unrealistisch aus. Danach musste ich mit Hilfe von Google erstmal Physik nachholen, ich konnte mir dieses Naturereignis ja überhaupt nicht erklären. Das war schon mega interessant.


Sorry für die unregelmäßigen Updates. Ich bemühe mich jedes Mal den Eintrag schneller fertig zu machen. Aber wie ihr sieht passiert so viel und meine Freizeit verbringe ich dann oft auch lieber anders als das Erlebte gleich nieder zu schreiben.
Aber ich gebe mir viel Mühe weil ich weiß dass es viele Leute interessiert was ich schreibe und es auch für mich später eine schöne Erinnerung und Zusammenfassung sein wird.
Außerdem soll mein Deutsch nicht sterben :D

Vielen Dank fürs Lesen und Warten :) .
Bis dann!






Donnerstag, 2. Juli 2015

Mai

Jeder Mai beginnt in Japan mit der erholsamen "Golden Week". Von meinen Gasteltern habe ich mir erklären lassen, dass hier der Mai für Neuanfang steht, da der Anbau beginnt und vielleicht auch weil die Sonnenstrahlen eingeschlafene Gefühle wecken. In der "Golden Week" soll man dann den Grundstein für diese Vorhaben setzen.


Wir bekamen Besuch aus Kyoto. Ich lernte meine 24 Jahre alte Gastschwester und ihre reizende kleine Familie, bestehend aus Ehemann und Hund Hime, kennen.

Meine Gastschwester hatte in ihrer Highschoolzeit selbst mit YFU ein Auslandsjahr in Deutschland verbracht, konnte also demnach noch ein wenig Deutsch sprechen. Das war ziemlich interessant, sie erzählte mir sie ging jeden Tag nach der Schule in den Supermarkt und kaufte sich Milka Schokolade. Ja, so wäre auch meine Erinnerung an Deutschland gewesen xD Ich fragte sie nach Nutella und plötzlich sprach totale Begeisterung aus ihr. "Wir hatten auch Nutella in der Gastfamilie und ich habe Nutella jeden Morgen zum Frühstück gegessen!" Ach ja, jeden Morgen Nutella, dass waren noch Zeiten *__*

Als aller erstes traf ich aber ihren Hund an. Hime heißt der kleine süße Shiba Inu und ist schneeweiß. Ich habe mich sofort mit ihr angefreundet, indem ich ihre Bitte nach Aufmerksamkeit gestillt habe. Hunde fand ich schon immer toll, aber keiner in meinem deutschen Umfeld hatte etwas mit Hunden zu tun gehabt :( . Es machte mir also totalen Spaß mit ihr zu spielen, obwohl sie haarte wie sau und ich jetzt noch weiße Haare an meinen Klamotten aus der frischen Wäsche finde.

Wir gingen alle zusammen Bowlen. Das war ziemlich lustig, erst recht als wir danach noch in die Spielcasinoabteilung gingen (Keine Ahnung ob mir das überhaupt mit 16 schon erlaubt ist?) und ich mein erstes richtiges Geldglücksspiel gespielt habe... es war an einem einfachen Automaten wo man den Knopf drückt und mit Glück dreimal das selbe Symbol erscheint. Und da ich nun mal ein Sonntagsglückskind bin, war das bei mir sogar öfters der Fall. Mit jedem Gewinn hatte ich Angst gleich süchtig zu werden xD. Aber ich teilte meine gewonnenen Taler (sonst wären wir wahrscheinlich ewig nicht fertig geworden) und schließlich nahm irgendwann das Spiel ein Ende.


Unsere Gäste blieben aber nur ein paar Tage, denn danach machten meine Gasteltern mit mir einen Kurztrip an den berühmten Fujisan. Wer noch nie davon gehört hat, sollte sich wirklich schämen. Der Fujisan ist der höchste und meiner Meinung nach beeindruckendste Berg Japans. Eigentlich ist er sogar ein Vulkan, der aber seit mehreren hundert Jahren keine Eruption mehr hatte. Insgesamt ist er 3.776m hoch und ich habe mir sagen lassen um ihn hoch zulaufen braucht man vom Fuße des Berges etwa 13-14 Stunden.

Leider kann ich euch keinen aufregenden Bericht von meiner Besteigung des Fujisan liefern, aber es war auch schön ihn von Weitem aus einem gemütlichen, warmen Bad zu betrachten.




Fast noch besser fand ich aber unsere Unterkunft. Ich habe nicht schlecht geguckt als wir die Lobby betraten. Das nannte ich traditionell japanischen Luxus. Uns wurde sogar traditionelle Kleidung zur Verfügung gestellt! Und die Aussicht auf den Fujisan und dessen umliegende weite Natur war wunderschön. Bisher hatte ich ja immer nur das große, eintönige Tokio zu sehen bekommen gehabt.
Das Hotel hatte auch einen super tollen japanischen Garten mit japanischer Teezeremoniestation, einem warmen Fußbad, usw. Wir konnten sogar zwei japanische Hochzeitspärchen bei ihren Fotosessions erhaschen!

Hochzeiten in Japan finde ich ja irgendwie total interessant. Mein Gastvater meinte es ist hier ein riesiges Business mit großen Geldeinnahmen. In Japan dürfen Mädchen auch schon mit 16 heiraten und Jungs erst mit 18. Keine Ahnung wie das eigentlich in Deutschland aussieht. Aber in diesem Falle ist das japanische Gesetzt schon etwas komisch, denn Alkohol darf man mit 16 auf seiner Hochzeit noch nicht trinken. Wird also feierlich mit Kindersekt angestoßen :D.

Das eine Hochzeitspärchen feierte ganz traditionell in einem Hochzeitskimono mit roten und goldenen Highlights. Ich fand dieses Pärchen so unglaublich schön zusammen, erst recht als sie in meine Kamera sahen und mir ein herzliches Lachen schenkten.


Das andere Paar machte ihre Fotos am Pool. Die Braut viel auf jeden Fall total ins Auge und von Weitem hätte sie jeder geliebt und als wunderschön bezeichnet. Ihr Kleid  war das Ebenbild einer Disneyprinzessin. Aber an sich war sie eigentlich gar nicht so schön und irgendwie ließ dieser Aufzug das Pärchen unsymphatischer und gestellter als das traditionelle Pärchen wirken.


Am Abend erwartete uns ein Menü welches ich als das interessanteste und nobelste bezeichnen würde, dass ich jemals hatte. Da bekam ich frischen Fisch wie er am Tage gefangen wurde als Vorspeise vorgesetzt und arbeitete mich über japanischen Hummer und Muscheltieren bis hin zu einem dreiteiligen Dessert. Mehr davon werde ich in einem speziellen Essenkapitel verraten, dass ich irgendwann mal schreiben werde. Und wie nach jedem erste Klasse Essen war man danach nicht bis zum Rande voll, sodass man gleich alles wieder auskotzen wollte, aber glücklich und zufrieden gesättigt.

Danach besuchten wir mal wieder ein Taiko-Trommel Konzert in der Lobby. Diesmal waren es erwachsene Männer und nur eine Frau. Es hat mich nicht so begeistert wie beim ersten Mal, aber super gut war es natürlich trotzdem.

Am nächsten Morgen durfte man zwischen japanischem und westlichem Frühstück entscheiden. Ich hatte zuerst das japanische gewählt, aber zum Glück überließ mir meine Gastmutter dann ihr westliches Frühstück xD Das war nämlich eindeutig mehr mein Geschmack, aber so viel, dass ich leider einiges zurück lassen musste.

Wir verließen das Hotel, schlossen unser Gepäck an der Zugstation in Schließfächer ein und traten eine Tour zu einem Blümchenpark an. Das hört sich jetzt ziemlich unspektakulär an, aber der Name dieser Attraktion steht in komplizierten Kanji (chinesischen Schriftzeichen) geschrieben, von denen ich keine Ahnung habe. Auf dem Foto könnt ihr ja sehen wie riesig und beeindruckend es war. Der gesamte Untergrund war ordentlich in Mustern mit pinken, blauen, rosanen, lilanen und weißen kleinen Blümchen bedeckt. Es roch also dementsprechend auch verdammt gut. Eigentlich prahlten sie mit einem schönen Flyerfoto wo Fujisan und Blümchen drauf abgebildet waren, aber an diesem Tag war das Wetter nicht so gut, dass man den Berg hätte erkennen können.
Danach traten wir auch schon wieder die Rückreise an.

Am nächsten Tag hatte ich noch Tanzclub und dann konnte ich in meinem  "Golden Week" Bericht für den Englischunterricht ein paar echt schöne Tage zusammenfassen.



Eine Woche darauf entführte mich meine Gastmutter zu einem Rockkonzert.
Ja, meine Gastmutter hatte da Kontakte und ich wunderte mich auch, ob Rock denn so ihr Musikgenre ist. Das kleine Konzert fand in einem kleinen Club statt, wo Rockamateure öfters mal ihr können zur Schau stellen durften. Das Publikum war hauptsächlich im Studentenalter, aber auch Älter war vertreten.
Während des Konzerts bekam ich dann zu verstehen, dass von meiner Gastma die Taikyokuken Lehrerin der Sohn auf dem Konzert in zwei Bands spielte. In der einen, welche zuerst auf der Bühne war, war er nur E-Bassspieler. Die zweite Band war seine eigene, mit eigenen Texten von ihm und selber Gesungen von ihm. Bevor das Konzert anfing, lehrte man mir das wichtige Wort "Ikemen", was so viel heißt wie "gut aussehender Junge/Mann". Und jaaaa der Typ war tatsächlich "Ikemen". Er sang zwar ziemlich schlecht und die Musik war jetzt auch nicht so meins, aber für sein verschwitztes T-Shirt hätte ich alles gegeben xD. Ich dachte wegen Kontakten und so darf man mit dem Superstar mal ein Wörtchen wechseln, aber dazu kam es leider gar nicht.


Im Mai gönnte ich mir auch etwas ganz Besonderes.
Durch meine Interesse am Tanzen lernte ich eine japanische Gottheit kennen. Ich bemerkte auf Youtube ein Tanzvideo von einer Japanerin auf einem internationalen Tanzevent. Da wurde ich natürlich neugierig und versuchte etwas mehr über sie herauszubekommen. Zuerst musste ich erschreckend feststellen, dass sie wie eine Person aussah die uns einmal im Tanzclub trainiert hatte. Ihr könnt euch vielleicht vorstellen wie geschockt und aufgeregt ich da war. Dann bekam ich aber raus wie berühmt die Tänzerin aus dem Video wirklich ist.
Koharu Sugawara ist ihr Name. Sie wurde zuerst nur durch ihr Tanzen bekannt, gewann etliche nationale Wettbewerbe usw. Später tanzte sie für Stars wie RIHANNA und machte Choreographien für sau berühmte koreanische Girlgroups. Schließlich fing sie auch an zu Modeln, sogar für Weltmarken wie Desigual, Nike oder DR. Martens. wahrscheinlich auch dadurch wurde sie Japans Fashion-Ikone und ist öfters in Japans Zeitschrift NYLON zu sehen. (Kurzes Kommentar zu Modezeitschriften in Japan: Die sind echt der Hamma. Das aller erste wofür ich in Japan Geld ausgab, war eine Fashionzeitschrift namens JELLY.) Also um meine Vorstellung kurz zu halten...sie ist ziemlich berühmt in Japan.

Ich wurde sofort totaler Fan von ihr und folgte ihr auf allen Accounts die mir zur Verfügung standen. Dann las ich von einem Event mit ihr. Zuerst dachte ich mir nichts großes dabei, verstanden hatte ich das Plakat ja auch nicht wirklich. Aber dann postete eine andere weltberühmte Tanzcrew aus Norwegen, Quick Crew, sie käme nach Japan und schaut sich die Vorstellung von Koharu Sugawara an. Ich war total baff und sah vor mir die Chance, die für mich besten Tänzer überhaupt zu treffen. Ich fand einen Link zu der Website des Events und bat meine Gasteltern mir bei der Übersetzung zu helfen. Diese fanden dieses Thema auch sehr interessant und unterstützten mich bei meinem mutigen Vorhaben, alleine dort hinzugehen. Sie besorgten mir ein Ticket für die LETZTE freie Vorstellung. Alle Karten waren ausverkauft.

Am großen Tag war meine Gastma so nett und brachte mich zu dem Tanzevent. Ich war total aufgeregt, wo ich ja eigentlich keine genaue Ahnung hatte was mich da erwarten würde. Besonders stolz war ich auf mich, als ich zum ersten Mal mein japanisch in der Öffentlichkeit anwenden konnte und jemanden fragte wo mein Sitz ist. Ich verstand sogar die Antwort und nahm vollkommen zufrieden mit mir und der Welt meinen Platz in der dritten Etage des riesigen Saals ein. Meine Gasteltern hatten mir ein Fernglas mitgegeben und eine Frau mit Hochsteckfrisur hatte ich auch nicht vor mir, somit war der Sitzplatz ,so weit von der Bühne entfernt, kein Problem für mich.
Die Show begann, es wurde dunkel, eine Erzählerstimme und sanfte Musik setzte ein. Auf der Bühne sah man eine Frau mit übergroßem weißen Schleier. Ich wusste sofort, ich war hier bei etwas ganz Großem. Die Show war lustig und total emotionsvoll. Auch wenn ich nur wenig von dem Japanisch verstand war der Humor eindeutig gewesen, und auf der anderen Seite gab es Momente die waren so tief oder auch gewaltig ausgedrückt, dass ich Gänsehaut bekam. Die Tänzer waren einfach nur atemberaubend, die 100 besten Japans. Ich denke Deutschland könnte nicht mal mit seinen 50 Besten so eine Show zustande bringen. Ganz viel Respekt an die Japaner.

Schon davor wollte ich mir unbedingt ein T-Shirt von dem Event kaufen, aber die schienen alle schon länger ausverkauft zu sein (wie erwähnt, es war die letzte Vorstellung). Stattdessen holte ich mir die DVD von der Show des vergangenen Jahres.

An diesem Tag habe ich eine für mich sehr wertvolle Erfahrung gemacht, auf tänzerischem Gebiet, als auch für mich selber. Denn es fühlt sich gut an, seine Interessen einfach mal selber in die Hand zu nehmen und sich glücklich zu machen, indem man etwas Gewaltiges erlebt, wo ein Anderer nicht die geringste Vorstellung von hat.


Leider konnte ich meine neu gewonnene Motivation erstmal nicht ausleben. Es wurden nämlich bald die sogenannten "mid-term exam" geschrieben. Mit Deutschland verglichen sind das 3-4 Tage wo man nur Klassenarbeiten in allen Fächern schreibt. Und bekannterweise nehmen die Asiaten Schule ziemlich ernst und deswegen hat 1 Woche vor dem Exam niemand mehr Club, damit sie stattdessen lernen können. Und während dem Exam ist natürlich auch kein Club. Also hatte ich fast 2 Wochen lang kein Tanzen. Mein Lauftrainer in Deutschland hätte wahrscheinlich nur stumm den Kopf geschüttelt, hätte ich ihm vermittelt wegen Klassenarbeiten 3 Mal im Jahr zwei Wochen aussetzen zu müssen. Da wäre man ja niemals richtig in Bestform gekommen.

In der Examzeit schrieb ich 3 Englischarbeiten mit.

Die erste hab ich so ziemlich in den Sand gesetzt. Die Aufgaben waren nur in japanisch. Lösen konnte ich trotzdem einiges und habe mit viel Mühe versucht die Aufgabe zu übersetzen und die Kanji zu entschlüsseln.
Schließlich war ich am Ende ganz zufrieden mit mir, musste aber feststellen, dass alle nur ein Blatt abgaben welches bei mir vollkommen unbeschrieben geblieben war...ich hatte die Antworten auf das Aufgabenblatt geschrieben, nicht auf das Ergebnisblatt. Etwas peinlich berührt gab ich dann also ein deprimierend leeres Blatt ab. Sowas doofes.

Die zweite Arbeit lief schon besser. Aufgaben in Englisch und das Ergebnisblatt konnte ich jetzt auch richtig deuten.

Am meisten Spaß hat aber die letzte Arbeit gemacht.
Sie war von meinen zwei Lieblingsenglischlehrern kreiert wurden, die Beiden welche aus englischsprachigen Ländern kommen. Da sollte man hauptsächlich schreiben. Und irgendwie habe ich das richtig genossen, endlich mal etwas zu machen was mir liegt. Am Ende wurde die Arbeit aber von anderen Lehrern kontrolliert und aus irgendeinem Grund habe ich bei einer Aufgabe mit 10 Punkten keinen einzigen bekommen. Ich weiß nicht warum, hatte aber auch keine Lust die qualifizierte Meinung einer japanischen Englischlehrerin anzufechten und beließ es dabei.

Ansonsten verbrachte ich die Examzeit in einem Raum alleine und lernte japanisch. Einmal habe ich auch mit Svenja eine Entdeckungstour durch die Schule gemacht. Echt interessant wie viele versteckte Orte es an meiner Schule gibt.



Bald darauf machte ich mal wieder einen Abstecher nach Harajuku mit Svenja. Diesmal mit einer klaren Mission. Wir wollten uns Klamotten für den Harajuku Fashionwalk kaufen.
Mein Auftritt war schon etwas lustig. Ich ging im absoluten Gangster-Hip Hop-Outfit und Cappy in den Secondhandladen, und kam mit einem hellblauen "Alice im Wunderland"-Rüschenkleid in der Tüte wieder raus. Du bist, was du trägst.


Eine Woche später war dann der Harajuku Fashionwalk. Ich lernte Svenjas deutsche Freundin kennen, welche ebenfalls eins Austauschjahr in Japan verbrachte.
Während ich eher im Lolita-Style (Rüschen, süß, Kleid usw.) angezogen war, bevorzugten die anderen Beiden eine eher dunkle Gothikrichtung. Wie wir dann da also zusammen rumliefen, sah das schon ganz witzig aus. Schließlich bildete sich aber eine größere Gruppe von ca. 50 Leuten (sorry, bin ganz schlecht im schätzen) und ich hörte mehr lautes Englisch sprechen als Japanisch.

Tatsächlich waren nämlich ziemlich viele Ausländer dabei. Aus Deutschland kamen genau 7 Personen, eine davon war sogar bei der Organisation tätig. Leider bildeten sich dadurch aber auch so kleine Ländergrüppchen hatte ich das Gefühl. Wir wanderten dann also durch Harajuku, machten Videos und ganz viele Fotos, beschwerten uns wegen zu unbequemen Schuhen und der Hitze.

Am letzten gemeinsamen Standpunkt kam man nochmal dazu, mit den verschiedenen Leuten zu sprechen oder ein Foto zu schießen. Es kamen auch sehr viele Schaulustige die ein Foto machen wollten. Da war ich dann schon ziemlich geschmeichelt xD. Einmal hat mir sogar so ein süßer, kleiner, asiatische Junge schüchtern zugegrinst und gewunken, dass war das Süßeste überhaupt an diesem Tag.

Froh war ich dann aber trotzdem, wieder Zuhause anzukommen und diese unbequemen Schuhe in die hinterste Ecke zu schmeißen. Im Kleid hab ich mich auch nicht ganz so wohl gefühlt, da bin ich danach doch lieber schnell in meine gewohnte Jogginghose geschlüpft.


In der nächsten Woche stand das große Sportfestival statt. Mit Deutschland kann man das aber gar nicht so vergleichen. Es war eben wirklich ein Festival. Eine Feierlichkeit, aber kein Wettkampf.


Die Sportstunden zuvor hatten wir schon fleißig das Marschieren geübt. Ein Mädchen und ein Junge aus der jeweiligen Klasse stolzieren mit Fahne vorne weg, und der Rest marschiert der Größe nach sortiert in 4-er Reihen hinterher. So ging es die ganze Sportstunde lang. Nicht zu vergessen diese wunderschöne Marschmusik im Hintergrund. Das auf Kommando stehen bleiben habe ich trotzdem jedes Mal verpatzt.

Bei der Probe für das Sportfestival sah das aber noch viel extremer aus. Alle Klassen der Schule, also 30 Klassen mit jeweils ca. 40 Schülern, standen ordentlich in einer Reihe und fingen an, zuerst nur auf der Stelle zu marschieren. Von der 3.Klassenstufe bis zur 1.Klassenstufe sind die Klassen dann nacheinander eine Sportplatzrunde marschiert und in in der Mitte zum stehen gekommen. Meine Klasse ist die Nummer 10 der 1.Klassenstufe und jetzt dürft ihr mal raten, an welcher Marschierposition wir damit waren...

Ich glaube 20 Minuten lang bin ich marschiert, hauptsächlich auf ein und der selben Stelle. Wenigstens hatte man damit die Möglichkeit, alle anderen Klassen ausführlich zu betrachten. Und es sieht ernsthaft nach einer richtigen Diktatur aus, wenn fröhliche Musik spielt und die Schüler alle mit ernsten Gesichtern, gleichen Klamotten und gleicher Haarfarbe ihre Runden marschieren. Also zumindest an Disziplin könnte Deutschland sich da einiges abgucken.

Danach wurden irgendwelche Reden gehalten, Sportler geehrt, die Schulhymne gesungen und unser Aufwärmprogramm durchgeführt. Natürlich waren keine richtigen Disziplinen an dem Tag, nur noch die Probe der Klassenwettkämpfe. Damals dachte ich schon, ich müsste beim richtigen Sportfest sterben. Es war so verdammt warm und der helle Sportuntergrundsboden blendete mich absurd. Außerdem hatte man nicht besonders viel zu tun.

Am nächsten Tag wurde es dann aber doch ziemlich spaßig. Es war noch wärmer, 32 Grad Celsius waren angesagt.

Ich war total nervös auf meinen 800m Lauf. Erstmal war da dieser Druck dass alle von mir erwarteten (und ich von mir auch) die Erste zu werden, und ich wollte diesen Sieg meiner Klasse auch unbedingt schenken. Am Ende hab ich den Lauf dann doch ziemlich verkackt.

Wir liefen auch mit den anderen Klassenstufen zusammen, und es war echt deprimierend dass sie so schnell waren.
Ich gehe selbstbewusst ran und denke mir: "Jaaa lauft nur vor, am Ende könnt ihr alle nicht mehr."
Schließlich holte ich im Verlauf des Rennens immer mehr ein, aber irgendwann hatte ich mir nur noch als Ziel gesetzt die Erste meiner Klassenstufe zu sein und so schlich ich mich langsam aber sicher an die letzte 1. Klässlerin vor mir heran.

Warum so langsam? Aileenlogik.

Bloß nicht überanstrengen und dem Publikum einen schicken, siegreichen Schlusssprint liefern. Leise laufe ich aber nicht gerade, und so hörte sie mich auf der letzten Geraden heranpreschen und gab nochmal richtig Gas. Mist.
Danach war ich unzufrieden, weil ich nicht alles gegeben hatte. So ist es eigentlich immer schon gewesen. Trotzdem kamen mir alle meine Klassenkameraden strahlend und gratulierend entgegen. Manche glaubten sogar, ich hatte sie doch noch eingeholt gehabt.

Danach war ich jedenfalls fertig und konnte die Rennen der anderen genießen.
Meine Klasse war nicht die Beste, und ich muss sagen, in Deutschland habe ich es überraschend selten erlebt dass mein Team nicht so gut gewesen war. Aber es machte niemandem etwas aus, also ließ ich mich davon auch nicht runterziehen.

Unser Klassenstufenwettbewerb war Seilspringen. Die Klasse wurde geteilt und ca. 20 Leute sprangen also über ein großes Seil. Ich will nicht sagen dass wir schlecht waren, unser Bestes war um die 30 Sprünge, aber die besten Teams hatten es doch tatsächlich bis zu 100 Sprüngen geschafft.

Dann waren da noch Wettkämpfe wie Hindernislauf (Unter Sachen drunter krabbeln usw. also keine Leichtathletikdisziplin), Massenhuckepackbattle oder wo bei drei Personen die Beine miteinander verbunden waren und man zusammen so schnell wie möglich laufen musste. Es hat echt wahnsinnig viel Spaß gemacht seine Leute anzufeuern.


Unsere Clubs gaben auch einen kleinen Beitrag zum Sportfestival dazu. Aus meinem Tanzclub tanzten ein paar Gruppen schnell mal was vor, während Mädchen im Kimono aus dem Teezeremonieclub Bonbons in die Massen schmissen.
Besonders lustig fand ich auch die Staffelwettrennen zwischen den Sportclubs.
Alle hatten ihre Clubuniform an, was die Jungs aus dem Schwimmclub sofort ausnutzen mussten und nur in ihren hautengen Badehosen an den Start gingen. Komischerweise war auch das Orchester beim Laufen mit dabei, was sie damit erreichen wollten weiß ich auch nicht^^.
Überraschenderweise gewann das Wettrennen der Mädchen aber nicht der Leichtathletikclub, sondern der Basketballclub. Sie hatten den Staffelstab fallen gelassen.
Dafür brachten die Jungs aus dem Leichtathletikclub einen souveränen Sieg ein.

Am Schluss wurden noch einige Schüler ausgezeichnet, aber das waren glaube nur sehr bemerkenswerte Leistungen. Schließlich verkündete man auch noch die besten Klassen, was natürlich eher die 2. und 3. Klässler waren, und dann war der schöne Tag auch schon wieder um. Geblieben war mir ein ganz fieser Sonnenbrand, sogar auf der Kopfhaut. Was meint ihr wie gruselig das war, als ich plötzlich lauter Hautfetzen in meinem Haar fand.


Im Tanzclub hab ich dieses Monat sehr wenig auf die Reihe bekommen.
In meiner "Hip Hop cool" Gruppe sprachen sie Japanisch und noch mehr Japanisch und ich kapierte irgendwie mal gar nichts was sie da beschlossen. Bis mich jemand aufklärte, dass wir plötzlich nur noch zu zwei Liedern von Pitbull tanzen und mein schöner, zusammen abgeklärter, The Black Eyed Peas Song einfach gestrichen wurde.
Und dann befanden wir uns genau da, wo ich von Anfang an überhaupt nicht hin wollte. Bei zwei viel zu schnellen Partyliedern und dem unpassenden Konzept "Armee" dazu. Ganz abgesehen davon, dass Pitbull so ziemlich der einzige Musiker ist, den ich überhaupt nicht ausstehen kann.
Also waren wir dann mit 9 Leuten dabei, eine Armeechoreo zu Pitbull auszuarbeiten. Eigentlich war ich in letzter Zeit wirklich sehr kreativ, aber zu dieser Schmarotzerlyrics viel mir gar nichts ein. Vielleicht hatte ich auch einfach eine sture "Ich-will-dass-nicht" Blockade im Kopf.


Komischer Weise hatte ich erst Anfang Mai meine erste Kalligraphie Unterrichtsstunde. Mir viel sofort auf dass der Tisch viel zu tief für meine langen Beine war. Das ist tatsächlich ein kleines Problem.
Jede Stunde beginnt mit ca. 2 Minuten einfach nur ruhigem Dasitzen und geschlossen Augen.
Das sind wirklich sehr schöne 2 Minuten. Man hört die Vögel zwitschern, den Ventilator surren und den Wind rauschen. Es macht sich tatsächlich innere Ruhe in einem breit und man erkennt die tiefere Bedeutung in dem, was man macht. Da lacht auch keiner oder fängt an zu schnarchen, vielleicht spüren tatsächlich alle im Raum was ich gerade erläutert habe.

Die Materialien hat mir meine Lehrerin irgendwie zur Verfügung gestellt. Keine Ahnung ob die auch meine Organisation bezahlt hat oder es von der Schule ist. Aber ich hoffe ich darf es nach dem Auslandsjahr mit Nachhause nehmen und auch in Deutschland mal einigen zeigen.

Die Tinte wird sehr interessant hergestellt. Man hat so eine Art dunkles Tafelbrett vor sich liegen wo man 10 Tropfen normales Wasser drauf tröpfelt. Dann verreibt man das Wasser, mit etwas, dass aussieht wie ein schwarzer, länglicher Stein. Ich hab keine Ahnung wo genau die Tinte dann herkommt, aber ich vermute mal von dem Stein, auch wenn dieser kein bisschen abfärbt.

In Kalligraphie schreibt man Kanjis (chinesische Schriftzeichen) mit Tinte in Schönschrift. Wir schreiben die Kanjis aus dem Lehrbuch ab, dass ist echt verdammt schwierig. Erst recht weil die Striche auch alle in einer bestimmten Reihenfolge gezeichnet werden müssen, ich fühle mich immer richtig schlecht wenn ich die einfach nicht beachte und damit vielleicht die ganze Bedeutung auseinander bringe, was weiß ich.
Zuerst macht unser Lehrer das Kanji vor, bei ihm sieht es so verdammt einfach aus, und er malt die Striche so bewusst und leichthändig. Dann macht er immer noch eine Zeichnung, wie wir es NICHT machen sollen, die kritischen Punkte eben. Wenn ihr mich fragt, ich sehe da keinen Unterschied und finde beiden wunderschön.
Meine Zeichnungen dagegen gehen jedes Mal voll in die Hose. Dann habe ich da den Strich mal zu kurz gemacht, will ihn nochmal etwas verlängert und BOOM ist da ein fetter Tintenfleck.
Bei meiner Banknachbarin dagegen sieht dass jedes Mal so schön aus, ich beneide sie darum total.
Aber mit jeder weiteren Unterrichtsstunde sammel ich an Erfahrungen und lerne aus meinen Fehlern.
Am Ende waschen alle ihre Brettchen ordentlich mit Kreide ab und dann dürfen wir wieder gehen.

Ich war anfangs etwas enttäuscht, als ich erfuhr dass der Musikkurs auch Altblockflöte spielt, dass habe ich nämlich in Deutschland auch sehr gerne gemacht. Aber wer weiß ob sie die da wirklich richtig spielen lernen, vielleicht wäre es auch viel zu einfach für mich gewesen.

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Im Mai habe ich mal wieder viel zu viel erlebt, eigentlich wären da noch mehr Dinge die ich am Ende des Monats erlebt habe, aber ich nehme sie einfach in den nächsten Monat mit rein. Immerhin muss man erstmal die Zeit finden, solche Berichte zu lesen ^.^ .
Ich höre von ganz vielen Lesern! DANKE, DANKE, DANKE! Das motiviert mich ganz dolle und es freut mich, dass es so viele interessiert was hier in Japan läuft. Gleichzeitig ein fettes SORRY dass mein Deutsch wohl schlechter wird. Seht es positiv, dass bedeutet nämlich, mein Japanisch nimmt zu :D


Donnerstag, 14. Mai 2015

April

Unglaublich was ich im April alles erlebt habe. Zu viel um es in einem Kapitel zusammen zu fassen, aber ich wollte mich unbedingt auf einen Eintrag pro Monat reduzieren. Sonst hock ich ja nur am PC :P

Wie bereits in einem vorherigen Kapitel erwähnt, fing meine Schulzeit zu Beginn des Monats an. Hauptsächlich darum wird es jetzt also auch gehen.


Als noch die letzten Tage Ferien waren, begleitete mich meine Gastmutter und meine YFU Betreuer zu meiner zukünftigen Schule wo ein offizielles Treffen bevor stand. Wir wurden alle in einen kleinen Versammlungsraum gesetzt und man fing an japanisch zu reden, Blätter (auf japanisch) zu verteilen und sich Notizen zu machen. Ich saß also nur da und versuchte einen guten Eindruck zu machen. Dann kamen noch mehr (wohl wichtige) Lehrer herein, jeder stellte sich vor und dann war ich mit meiner ersten, ordentlich eingeübten Vorstellrede auf japanisch dran. Ein Bahn frei hingelegt und dann sind die wichtigen Lehrer wieder aus dem Raum verschwunden. Nur 3 Lehrer blieben im Raum, welche sich als Lehrerin für die 1.Klassen, meine Klassenlehrerin und meine persönlich zuständige Lehrerin herausstellten.

Ein kurzes Wort zum Schulsystem: In Japan fängt es mit der Grundschule an, dann kommt zu unserer Gymnasialzeit die Junior Highschool und ab unserer 10.Klasse geht man in eine Senior Highschool. Dort werden die drei Klassenstufen dann strikt voneinander unterschieden in 1.Klasse, 2.Klasse und 3.Klasse. Ich als 1.Klässler bin also zum neuen Semester mit meiner ganzen Klasse neu auf der Schule und wir müssen den Älteren (genannt Senpais) ganz viel Respekt gegenüber aufbringen. Wer welche Stufe ist kann man an der Farbe der Schulschuhe erkennen. Die sind echt hässlich aber es tröstet mich dass wenigstens jeder sie tragen muss xD Außerdem bin ich in einer speziellen Fremdsprachenklasse. Darunter sollte man sich nichts besonderes Vorstellen. Ich glaube wir haben nur etwas mehr Englischstunden als der Rest. Aber das Englisch der Leute aus meiner Klasse ist auch nicht viel besser als das der Schüler aus anderen Klassen^^

Meine zuständigen Lehrer können aber zum Glück alle ganz gut Englisch. Danach bekam ich noch eine kleine Führung durch die Schule. Dabei wurde mir ein Englischlehrer vorgestellt, der aus Amerika kommt. Er sitzt in seinem extra spezial Englischlehrerraum und hat dort wohl ziemliche Langeweile weswegen ich doch gerne mal vorbei kommen soll wenn ich auch gerade mal Langeweile habe und jemanden zum Reden brauch. Das war natürlich sehr nett.

Die Schule sieht nicht sehr neu aus. Sie ist aufgebaut wie ein U, in der Mitte ein kleiner Hof und das U wird von einem angrenzenden Gebäude verschlossen welches aber mehr für besondere Aktivitäten zur Verfügung steht, wie Clubs oder zusätzliche Räume. Für gewöhnlich hat man den ganzen Tag in seinem Klassenraum Unterricht.

Ich durfte auch gleich ein paar ausgeliehene Schuluniformen anprobieren. Die passten sogar ganz gut und ich durfte sie behalten. Die Sportuniform musste allerdings bestellt werden, dort wurde mein Name in Katakana drauf gedruckt :D

Aber an sich sieht die Schuluniform nicht so spektakulär aus. Sie ist dunkelblau. der Rock geht bis zu den Knien und hängt etwas lasch herunter. Der Blazer ist ein normaler Blazer und der Pulli schaut auch ganz eintönig aus. Am meisten gefallen mir noch die weißen Blusen, denn die haben einen schönen Kragen und sind angenehm weit geschnitten. Dazu muss man natürlich auch noch Strümpfe tragen, welche idealer Weise auf den Waden sitzen und schwarz oder dunkelblau einfarbig sind. Eine Schleife gibt es auch, aber die trägt man nur zu besonderen Anlässen, obwohl ich finde die lassen das ganze Outfit viel süßer wirken.

Trotz Ferien sah man unzählige Clubs durch die Schule laufen. Die trainieren hier alle sehr hart, lange und oft.

Das war dann auch schon meine Einführung in das Schulwesen gewesen.

Am nächsten Tag ging ich noch mit meiner Gastmutter für die Schule nötige Dinge einkaufen und dann war ich bereit.

Meine japanische Vorstellrede musste ich am 1.Schultag 3x aufsagen. Das erste Mal vor der gesamten Lehrerschaft, das zweite Mal vor meiner Klasse (komischer Weise war ich dabei so aufgeregt, dass mir die Luft weg blieb) und als nächstes vor allen Schülern, und gewiss waren da auch nochmal alle Lehrer. PS: Die Warabi Highschool besuchen 1200 Schüler. Und das nur in 3 verschiedenen Klassenstufen. In meiner deutschen Schule sind gerade mal 500 Schüler in 8 Klassenstufen.

Danach wurde ich belagert von Namen und Gesichtern. Bekanntlicher Weise sehen Asiaten mit ihren schwarzen Haaren und dunklen Augen alle relativ gleich aus. Am Ende des Tages konnte ich also keinem einzigen Gesicht den Namen zuordnen. Aber das legte sich nach einer Woche ziemlich schnell.

Was mir an meinen ersten Schultagen wohl am längsten im Gedächtnis bleiben wird, ist dieses unglaubliche "KAWAAIIIII!!!!" um mich herum. Wenn ich durch die Schule ging oder einen Raum betrat, besonders wenn ich um eine Ecke bog, bekam ich fast einen Herzinfarkt weil jemand plötzlich "KAWAAIIII!" in mein Gesicht quietschte. "Kawaii" heißt so viel wie "süß", dass musste mir keiner mehr erklären.
Aber was würdet ihr machen, wenn man 100 mal am Tag "SÜÜÜÜßßßßß!!!!" an den Kopf geschmissen bekommt? Am Anfang musste ich natürlich geschmeichelt, dümmlich Grinsen (was sicherlich noch mehr Kawaii rüber kam), nach einer Woche lächelte ich nur noch dümmlich, weil ich langsam kein Bock mehr auf Herzattacken hatte und man sich wie ein süßer, nichts verstehender Gegenstand vor kam. Das entsprach an sich der Wahrheit, aber irgendwann wollte man doch mal eine vernünftige, zivilisierte Unterhaltung anfangen.

Es wollten auch unglaublich viele ein Foto mit mir machen (sogar ältere Jungs haben sich getraut mich auf ein Foto anzusprechen, da war ich ja überrascht xD). Einmal haben zwei Schülerinnen nach der Schule gesehen dass ich hinter ihnen gehe, sind extra vor der Schule stehen geblieben und haben mich nach einem Foto gefragt. Da kommt man sich schon etwas populär vor^^.

Im Unterricht verstehe ich natürlich kein Wort.
Außer vielleicht noch in Geschichte, Wörter wie "Mesopotamia" oder "Neanderthaler", die klingen im Japanischem ganz ähnlich.

In Mathematik konnte ich am Anfang richtig gut mitarbeiten, es war sogar mein neues Lieblingsfach! Endlich konnte ich mal mein Hirn benutzen und mir selber Zusammenhänge von Zahlen und Ergebnissen aufbauen. Ich habe es sogar verstanden, aber danach kam ein Thema mit Japanisch in den Aufgaben und meine glorreiche Zeit war auch schon wieder zu Ende.


Englisch dagegen ist sowas von einfach, da könnte jeder 5.Klässler mit einsteigen. Jedes auch noch so bisschen schwierigere Wort wird 5x mit der ganzen Klasse wiederholt. Und dann noch mal der gesamte Text, Satz für Satz, bloß nicht zu schnell damit man auch jede Silbe richtig betont.

Aber es gibt auch noch einen zweiten Englischunterricht mit zwei Lehrern aus Amerika und der macht sogar richtig Spaß. Die Beiden sind richtig cool drauf und es ist angenehm einem so gesittetem Englisch zuzuhören. Allerdings bezweifle ich, dass meine Mitschüler dabei so viel verstehen...


Der Sportunterricht ist auch sehr interessant. Es fängt an, wenn die Stunde noch gar nicht begonnen hat. Denn umziehen tuen sich ALLE im Klassenraum.
Wie das gehen soll? Ist ziemlich geschickt und ziemlich unhygienisch. Die Jungs tragen ihre Sportsachen einfach schon unter der Schuluniform. Und dass den ganzen Tag. Auch nach dem Sportunterricht, denn nach der Schule ist ja noch die Clubaktivität.
Als Mädchen ist es zumindest etwas angenehmer. Unter dem Schuluniformrock trägt man immer noch ein kurzes Höschen, damit ,falls der Rock mal hochfliegt, man immer noch was drunter hat. Unter den Rock zieht man dann eben die Sporthose einfach drüber.
Ich finde dass allerdings mit diesem Baumwollhöschen darunter noch etwas eklig, weswegen ich einfach eine kurze, enge Sporthose unter dem Rock und damit auch später unter der anderen Sporthose trage.
Oben rum kann man nicht viel an Hygiene retten. Unter der Bluse MUSS man eben noch ein Top als Unterhemd tragen, denn wenn man sich vor den Jungs umziehen muss kann man ja nicht im BH dastehen. Also tragen die meisten noch ein Baumwolltop unter dem Sportshirt.
Ich, als gewohnte Sport-BHträgerin, bin jetzt auf die schlaue Idee gekommen einen Sport-BH von Anfang an drunter zu ziehen und das Top einfach wegzulassen. Wenn man sich beim Umziehen nicht so dumm anstellt, fällt dass den Jungen auch gar nicht auf dass man da etwas mehr Haut zeigt als andere.
Aber im Sommer wird mir das sonst einfach viel zu warm und vor allem zu unhygienisch nach dem Sport im vollgeschwitztem Top rumzulaufen.

Überraschender Weise kommen mir meine Mitschüler allerdings sehr unsportlich vor. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, und vielleicht habe ich mit meiner deutschen Schule (Sportschule) auch nur einen schlechten Vergleich, aber selbst ich bin im Werfen grottenschlecht und war in meiner Klassenstufe die 2. Beste.

Ich muss die Tests in der Schule nicht mitschreiben (wäre auch vollkommen unnötig gewesen) weswegen ich im Unterricht mit meinen eigenen Unterlagen japanisch lerne.

Man sagt ja immer an japanischen Schulen und Universitäten schlafen viele Schüler immer. Das ist auch wirklich so, allerdings hält sich dass in meiner Klasse bis jetzt noch in Grenzen. Ich dagegen würde am liebsten die ganzen Stunden lang schlafen, aber so als einzige in der vordersten Reihe als Austauschschüler komme ich mir dann doch etwas blöd vor xD.


In japanischen Schulen ist auch alles sehr geordnet und die Schüler diszipliniert. Vor dem Unterricht verbeugt man sich vor dem Lehrer auf Kommando und alle wünschen sich eine schöne Stunde. Danach verbeugen sie sich wieder und danken für die wunderschöne Geschichtsstunde die man teils verschlafen hat.

Bei Schulversammlungen in der Sporthalle hocken alle Klassen ordentlich in einer Reihe, nach ihren Nummern sortiert. Ich finde es unglaublich wie die Asiaten so lange in dieser einen Position dasitzen können. Alle Schüler sitzen auf ihrem Po und die Arme umschlingen die vor sich angewinkelten Beine. Das man unter den Rock gucken könnte, scheint niemanden zu stören. Keine Ahnung ob nur ich so ein Frack bin, aber mein Rücken hält das einfach nicht länger als 5 Minuten aus. Ich hoffe, ich verstoße gegen keine Regeln, wenn ich mich einfach im Schneidersitz hinhocke^^.

Desweiteren bedankt man sich bei dem Lehrer, wenn man putzen durfte...dass finde ich dann doch schon wieder etwas absurd. Da verliert ein Dankeschön sofort an tieferer Bedeutung.
Es gibt auch Momente, wo ich mich bedanken würde, aber Japaner sich entschuldigen. Z.b. lässt man einen Stift fallen und jemand hebt ihn für dich auf. In Deutschland würde man sich bedanken, in Japan entschuldigt man sich dafür, dem anderen solch einen Umstand gemacht zu haben.
Wenn ich das richtig verstanden habe, entschuldigt man sich auch wenn man einen Fahrstuhl betritt oder verlässt. Ich nehme an, weil damit Zeit verloren geht wenn überall jemand Neues ein- oder aussteigt.

Die Schulstunden gehen hier für gewöhnlich 65 Minuten lang (Gäääähn ja viel zu lange) und das 5x am Tag + 10 Minuten am Anfang und Ende der Schulzeit, welche die Klassenlehrerin nutzt um die News des Tages zu besprechen (Ich verstehe kein Wort also fragt mich nicht was man da so lange bereden könnte).
Die Schule geht hier also von 8:40Uhr-15:40Uhr.

Danach ist für die meisten noch Club. Dieses System ähnelt sehr dem Amerikanischem. Es gibt eben jede Menge Clubs zur Auswahl mit verschiedenen Aktivitäten und wenn dir einer gefällt trittst du eben bei und gehst zu den Zeiten hin.

Die Clubs stellten sich alle bei einem Event am 3.Schultag vor. Die Sportclubs konnten sich natürlich nur in einem persönlichen Video präsentieren (der japanische Humor war deutlich erkennbar), während Clubs wie Schauspiel, Turnen oder Sumo natürlich eine super Show hinlegen konnten.
Mich hat auch sehr das Orchester beeindruckt, so viele verschiedene Instrumente in einen harmonischen Klang zu bekommen als Schüler, ist sicher nicht einfach.
Die Cheerleader tanzten zu Highschool Musical, dass scheint in Japan sehr beliebt zu sein und irgendwie weckt auch in mir dieser Film viele Kindheitserinnerungen.
Mein persönlicher Höhepunkt war ja der Auftritt vom Tanzclub. Es traten 2 verschiedene Gruppen auf. Mir fiel von Anfang an auf dass sie (natürlich) gut waren, aber irgendwie etwas fehlte. Die 2.Gruppe bestand nur aus Jungs, und ich weiß auch nicht woran es liegt, aber sie können es einfach mal viel besser.

Ich konnte mich von Anfang an für keinen Club entscheiden. Und weil Svenja, die andere deutsche Austauschschülerin an dieser Schule, auch noch einen neuen Club suchte, besuchten wir an einem Nachmittag gemeinsam die verschiedenen Clubs. Wir schauten bei einer Teezeremonie rein und durften es auch mal ausprobieren, wir schauten beim Schauspielclub zu (wobei es da mit genau 3 Mitgliedern nicht viel zu sehen gab), backten Cupcakes im Kochclub, probierten uns im Turnen aus, besuchten die Jungs im Computerclub (nicht dass ich mich dafür wirklich interessieren würde xD) und beobachteten den Volleyball und Basketballclub.

Obwohl mein absoluter Favorit Volleyball gewesen war, war ich mir beim zugucken gar nicht mehr so sicher. Die "Mädchen" spielten echt total wahnsinnig gut. Ich konnte auf dem Feld keine Positionen ausmachen, die liefen einfach auf dem ganzen Feld umher, immer in Bewegung und schweißtriefend. Nach dem Punkt wurde bei jedem erstmal eingeklatscht und weiter gehts mit dem Geschreie. Da war so eine Energie auf dem Spielfeld, so ein Teamwork hätte ich mir wirklich niemals zugetraut. Svenja redete für mich mit dem Trainer auf japanisch. Er meinte, es würden gerade nur 2. und 3.Klässler spielen, sie trainieren für ein Turnier am Wochenende und als neuer 1.Klässler würde ich Anfangs nur Bälle einsammeln und putzen, höchstens ein wenig alleine mit einem Ball rumspielen. Das demotivierte mich alles natürlich sehr. Auch hatte ich den Eindruck, der Trainer traute mir Austauschschüler dass nicht wirklich zu, und ich mir auch nicht. Und doch war da immer noch dieser kleine Ehrgeiz in mir, der rief: "Wo ist der Kämpfer und Wille in dir?"


Am nächsten Tag nahm ich an einer Probestunde beim Tanzen teil. Mir wurde erzählt, es gäbe verschiedene Style. Breakdance, Girls, Jazz, Locking, Popping, Hip Hop und House. In der Probestunde zeigte man uns aber nur einen Teil von der Erwärmung der aus Dehnung (zu viel, gar nicht mein Ding), Kraft (Bauch, Arm, Spannung im ganzen Körper) und Basicschritten bestand. Weil ich in Deutschland vorher schon Hip Hop getanzt habe, war ich schon ziemlich stolz auf mich als ich als "Anfänger" die Schritte sofort drauf hatte und die Senpais am Ende gar nicht mehr wussten, was sie noch mit mir wiederholen sollten xD

Eine meiner weiteren Optionen ist Tennis gewesen. Ich finde es sieht wahnsinnig spaßig aus und wollte es deswegen gerne auch mal probieren. Allerdings hatte ich wirklich null Erfahrung in diesem Sport und Svenja meinte auch, es sei ein sehr harter Club, also ließ ich das lieber gleich bleiben.
Natürlich hätte ich es mir auch einfach machen können und zum Leichtathletikclub gehen können (habe Leichtathletik in Deutschland gemacht). Aber ich will mich in meinem Austauschjahr weiterbilden, und in meinem Falle das Laufen ist eben immer das Selbe, was will ich da groß von einer anderen Kultur lernen? Außerdem sollte man das breit gefächerte Angebot an Clubs doch mal ausnutzen.

Meine Entscheidung viel mir im Endeffekt dann also doch nicht mehr so schwer. Ich trat dem Tanzclub bei. Der ist von Dienstag- Samstag 2 Stunden (Samstag 3h).
Das hört sich jetzt an, als würde ich wahnsinnig viel daraus mitnehmen, aber irgendwie habe ich ein wenig Angst, dass es nicht so ist. Muskelkater habe ich auf jeden Fall. Vor allem im Rücken, von dieser lästigen Dehnung. Am Ende kann ich noch einen Spagat, das würde alle Erwartungen sprengen.

Aber das Tanzen an sich habe ich bisher noch nicht so wirklich gespürt. Wir sind immer noch dabei Grundschritte zu üben. Man könnte das als "Findung-seines-persönlichen-Flows" sehen, allerdings ist etwas persönliches hier so eher gar nicht erwünscht. Während die ganze Truppe 1.Klässler (38 neue Mitglieder) unablässig ein und den selben Song lang "Up-and-Down" tanzt, marschieren die Senpais durch den Haufen und korrigieren jeden Finger, jeden Zentimeter deiner Bewegung. Ja, jetzt versuch aber mal 4 Minuten lang einen Move perfekt nach ihrem Geschmack auszuführen ohne dir Erschöpfung anmerken zu lassen. Das ist auch kein Tanzen. Klar muss man die Grundschritte drauf haben, aber auch die sehen nur wirklich gut aus wenn sie locker und leicht aus deinem Körper kommen, nicht wenn man versucht sein Gegenüber perfekt nachzuahmen. Dass habe ich von meinem Hip Hop Trainer aus Deutschland gelernt, und jetzt verstehe ich auch was er meinte.

Später läuft es in dem Club so ab, dass wir 1 Stunde gemeinsame Erwärmung haben und dann in die Gruppen gehen und unsere Choreos ausarbeiten. Ich hab dem Prinzip "Wir-machen-unsere-Choreos-selber" ja von Anfang an nicht so getraut. Asiaten geben nämlich nicht gerne ihre ehrliche Meinung dazu. Wenn also einer was sagt, stimmen alle fröhlich drauf ein (wenn sich überhaupt jemand dazu überwindet einen Vorschlag zu bringen). Aber das werde ich noch genauer herausfinden können.

Meine Klassenkameraden sind alle sehr nett und hilfsbereit. Ich weiß, das steht in jedem deutschen Zeugnis, aber hier ist es tatsächlich so. Ich brauche keine Angst zu haben mal alleine da zu stehen und keine Ahnung zu haben, mir ist immer jemand zur Stelle. Mit vielen habe ich schon gesprochen und verstehe mich auch gut, aber ich wollte von Anfang an nicht bei einem festen Freundeskreis stecken bleiben und mich darin sicher fühlen. Ich wollte verschiedene Leute kennen lernen und mich mit jedem gut verstehen. Denn es gibt viele interessante Persönlichkeiten und um wirklich jemanden zu finden, den ich als super gute Freundin bezeichnen könnte, muss ich sie zuerst genauer kennen lernen. Bis jetzt habe ich schon super tolle Menschen erkundet und bin froh, mich mehr mit ihnen beschäftigt zu haben als ein: "Ja, die ist immer nett, aber ich habe ja meine festen Freunde."

Sicherlich habe ich jetzt vergessen von vielen Dingen zu berichten, aber wenn ihr Fragen zu meinem neuen Schulleben habt, die Kommentarleiste und ich stehen immer offen :)



Nun komme ich noch kurz zu meinen beiden Trips im April.


Zum einen war ich nämlich noch in Asakusa (Tokyo) und wurde dort mit meinen Gasteltern von Männern durch die Gegend gefahren. Das war so eine Art Kutsche, die von Männern in gefährlich engen Hosen gezogen worden. Die setzten uns auf einem Markt ab, wo ich endlich die Chance hatte erste Postkarten zu kaufen.





Danach gingen wir am Sky Tree in ein Aquarium. Das hatte etwas sehr beruhigendes auf mich, vor allem die Quallen oder auch die großen Fische wie Hai oder Rochen die im großen Aquarium ihre Runden drehten zwischen den andere vielen kleinen Fischchen. Man fühlte sich wie in eine Traumwelt versetzt.
Vorm Ausgang war dann noch ein großes Becken mit Pinguinen, worüber sich natürlich vor allem die kleineren Kinder freuten. Und ich.





Wenn wir schon mal da waren, gingen wir natürlich auch in den Tokyo Sky Tree. Der Tokyo Sky Tree ist nochmal größer als der Tokyo Tower (333m). Er hat eine Höhe von 634m. Wir als Besucher schafften es bis zu 451,2m.








An einem freien Tag am Mittwoch, wagte ich auch einen Ausflug mit Svenja (der anderen deutschen Austauschschülerin an meiner Schule) nach Harajuku. Eigentlich war mir gar nicht danach, ich verbringe freie Zeit lieber frei und nicht verplant. Aber natürlich bereute ich es kein bisschen. Zuerst einmal schaffte ich es ganz alleine von Warabi nach Harajuku. Da war ich schon mal ziemlich stolz auf mich. Mit meinen Gasteltern zusammen sah dass immer so schwer aus mit den Zügen. In Wirklichkeit hatte ich mir einfach nie einen Kopf darüber machen müssen.

Und als wir dann die Takeshita Street entlang liefen, sah ich, ich bin im Paradies. Egal wo ich hinschaute, ich hätte alles gekauft. In diesem Moment fühlte ich mich ganz Deutschland überlegen und wusste gar nicht wo hin mit meinen Glücksgefühlen. Nur dass ich an diesem Tag allein (umgerechnet) 80 Euro bei mir trug bereitete dem Spaß ein Ende. Aber zum Glück ist man ja länger hier. Als Svenja mir gerade die Zubereitung von Cheesecake Kitkat erklärte, schlossen sich plötzlich zwei Deutsche unserem Gespräch an. Leider kann ich mehr nicht von ihnen erzählen, sie wollten eher Fakten über uns wissen und wie man diese Kitkat zubereitet (irgendwie kompliziert mit der Mikrowelle). Aber es war ein deutliches Zeichen, dass in Harajuku Unmengen von Ausländern umherwanderten. Ich lernte an diesem Tag auch sehr viel über die Modewissenschaft der Japaner und war sehr interessiert sie mir anzueignen. Außerdem finden alle 4 Wochen ein Fashionwalk statt, d.h. eine Gruppe von Leuten trifft sich in extravaganten Outfits (Gothikrichtung oder eher knallbunt) und läuft fröhlich durch Harajuku. Svenja hat mich dazu eingeladen, allerdings muss ich mir erst ein richtiges Outfit dafür zusammenstellen, dann kann es gerne losgehen :D (Wird vorraussichtlich im Mai sein)




Was soll ich noch über Harajuku sagen. Ich habe an diesem Tag bis auf den letzten Pfennig alles ausgegeben und bereue nichts. Zwei Wochen danach bin ich nochmal mit mehr Geld hin und habe wieder sau viel Geld ausgegeben. Aber in Japan bekommt man Nike Air Max auch schon für ca. 70 Euro, dass muss man doch ausnutzen!





Im April hat sich mein Austauschjahr also entschieden angefangen in eine Richtung zu lenken. Mit Anfang der Schule habe ich begonnen, mich als ein Teil Japans zu fühlen und die endlosen Gedanken von den Ferien beiseite zu schieben. Auch ich bin sehr gespannt, was für ein Leben ich mir hier gerade aufbaue.